Das ist kein Zukunftsszenario sondern ein Blick in die Vergangenheit
Im Jahr 1277 war Florenz eine boomende Metropole.
300 gigantische Türme, die dicht gedrängt in den Himmel schossen, waren Ausdruck von Macht und Reichtum. Die wohlhabenden Familien wetteiferten, wer den höchsten und schönsten Turm besaß. Zahlreiche Gebäude stürzten ein, da die Erbauer zu hoch hinaus wollten. Die Stadtverwaltung sah sich bereits im Jahr 1250 gezwungen die Höhe der Türme auf 27,5 Meter – das wären heute 9 Stockwerke -zu begrenzen. Was darüber lag musste auf dieses Maß gekürzt werden.Geschlechtertürme
Die Geschlechtertürme der adeligen
Familien prägten die mittelalterliche Stadtkulisse.
Der alte Adel, der aus dem Umland in die Stadt gezogen war, hatte die Symbole seiner feudalen Zeit mit hinüber in das städtische Leben genommen.
Die meisten Türme sind um 1200 entstanden. Sie symbolisierten die Macht und den Stolz der adeligen Familien. Kaufleute und Bankiers, die durch den Handel reich geworden waren, versuchten mitzuhalten und errichteten ebenfalls Türme.
Der Eingang zum Turm lag in der Regel nicht im Erdgeschoss, sondern im ersten Stock und war nur durch eine hölzerne Leiter oder Brücke zu erreichen. In friedlichen Zeiten, bauten befreundete Nachbarn hölzerne Verbindungsbrücken in schwindelerregenden Höhen. So konnte man sich von Turm zu Turm besuchen.
Der alte Adel, der aus dem Umland in die Stadt gezogen war, hatte die Symbole seiner feudalen Zeit mit hinüber in das städtische Leben genommen.
Die meisten Türme sind um 1200 entstanden. Sie symbolisierten die Macht und den Stolz der adeligen Familien. Kaufleute und Bankiers, die durch den Handel reich geworden waren, versuchten mitzuhalten und errichteten ebenfalls Türme.
Der Eingang zum Turm lag in der Regel nicht im Erdgeschoss, sondern im ersten Stock und war nur durch eine hölzerne Leiter oder Brücke zu erreichen. In friedlichen Zeiten, bauten befreundete Nachbarn hölzerne Verbindungsbrücken in schwindelerregenden Höhen. So konnte man sich von Turm zu Turm besuchen.
Belagerungen
und Wurfgeschosse
Die Ritter und adeligen Familien waren zwar von ihren Landsitzen in die Stadt gezogen, aber sie hatten ihre alten Lebensgewohnheiten nicht aufgegeben. Meistens waren die Familienclans in irgendwelche Streitigkeiten und Kämpfe verwickelt.
Der kleinste Anlass genügte und schon begannen die innerstädtischen Kämpfe von Turm zu Turm. Sie bewarfen sich mit Steinen und anderen Wurfgeschossen und gossen heißes Pech von den Türmen.
Die Wohntürme wurden immer mehr zu Fluchtburgen erweitert in denen die feindlichen Familien über Wochen und Monate gegenseitige Belagerungen aushalten konnten. Trutzige Bauten, von Turmgesellschaften organisiert, zu denen sich mehrere Familien oder ganze Straßenzüge zusammenschlossen, dienten der Verteidigung und des Angriffs.
Die Ritter und adeligen Familien waren zwar von ihren Landsitzen in die Stadt gezogen, aber sie hatten ihre alten Lebensgewohnheiten nicht aufgegeben. Meistens waren die Familienclans in irgendwelche Streitigkeiten und Kämpfe verwickelt.
Der kleinste Anlass genügte und schon begannen die innerstädtischen Kämpfe von Turm zu Turm. Sie bewarfen sich mit Steinen und anderen Wurfgeschossen und gossen heißes Pech von den Türmen.
Die Wohntürme wurden immer mehr zu Fluchtburgen erweitert in denen die feindlichen Familien über Wochen und Monate gegenseitige Belagerungen aushalten konnten. Trutzige Bauten, von Turmgesellschaften organisiert, zu denen sich mehrere Familien oder ganze Straßenzüge zusammenschlossen, dienten der Verteidigung und des Angriffs.
Ein Augenzeugenbericht
Rohault de Fleury (ca. 1400) schildert
sehr anschaulich, wie sich ein Kampf mitten in der Stadt abspielte. Hier ein
kleiner Auszug des Textes:
„….die Aufrüstung des Turms wird
vollendet, indem man eine leichte Brücke bis zum nächsten Turm der Lancia zur
Cersina hinübergestreckt hat und auf die zu diesem Zwecke hervorkragenden
Konsolen aufgelegt hat, damit beide Ghibellinentürme vereint den Guelfenturm
Figiovanni bekämpfen können.
Nun ist alles bereit. Die Söldlinge
liegen auf dem Boden und erwarten die Sonne, die über dem Appennin aufgeht. Der
Morgenwind entfaltet die Fahnen mit den Farben und Wappen der Partei.
Die Leute spannen die Leinen ihrer
Schleuderruten, welche Steine aus dem Ledersack werfen. Der Kampf wird
allgemein, die Steine durchfliegen die Luft wie Sternschnuppen, und dazwischen
schlagen sicheren Schusses die Pfeile ein. ……
Während das oben auf den Türmen
geschieht, wird unten um die Barrikaden gekämpft. Die Ghibellinen ziehen sich
in ihren Turm zurück, holen die Leiter herauf, schließen die Pforte und
besetzen die Überzimmer. Wie die Guelfen Stroh und Reisig am Fuße des Turms
anhäufen und anzünden wollen, werden sie durch einen Hagel von Pfeilen
zurückgetrieben.
Da schreit einer nach Tischen! Gleich
werden diese aus den benachbarten Häusern herangebracht, aneinandergerückt und
so eine Galerie gebildet, unter der nun das Brennmaterial auflodert und die
Turmpforte in kurzer Zeit zu Asche verbrennt.
Die Angreifer dringen ein, aber die
Strickleitern sind aufgezogen und es gibt keine Möglichkeit zu den Ghibellinen
hinauf zu gelangen. – Nun wird eine Leiter gebracht und zu einem Loch in der
Decke aufgerichtet. Die Tapfersten steigen hinauf und müssen von Stockwerk zu
Stockwerk gleichermaßen den Sturm fortsetzen….“ (Den gesamten Text finden Sie
im Anhang)
Wohlstand
und Toleranz
Trotz der immer wieder aufflackernden Streitigkeiten und Kämpfe rivalisierender Familien, entwickelte die Stadt am Arno eine für damalige Verhältnisse erstaunlich offene und tolerante Gesellschaft. Schon früh hatten die Familien des städtischen Adels familiäre Bande mit den reichen bürgerlichen Familien geknüpft, so dass im Laufe des 13. Jahrhunderts etwa 60 bis 70 der reichsten und mächtigsten Familien der Toskana gemeinsam die Geschicke von Florenz lenkten.
Trotz der immer wieder aufflackernden Streitigkeiten und Kämpfe rivalisierender Familien, entwickelte die Stadt am Arno eine für damalige Verhältnisse erstaunlich offene und tolerante Gesellschaft. Schon früh hatten die Familien des städtischen Adels familiäre Bande mit den reichen bürgerlichen Familien geknüpft, so dass im Laufe des 13. Jahrhunderts etwa 60 bis 70 der reichsten und mächtigsten Familien der Toskana gemeinsam die Geschicke von Florenz lenkten.
Stadt und Land tauschten Menschen, Waren und Ideen aus. Ritter und Bürger, Adelige und Kaufleute sahen sich nicht nur täglich auf den Straßen, sondern machten auch Geschäfte zusammen und lebten Tür an Tür. Die Welt der Florentiner im Jahr 1277 war voller Widersprüche. Unbändiger Lokalstolz, feste Verwurzelung im heimatlichen Stadtviertel verbanden sich mit internationalem Flair und kosmopolitischer Lebensart.
Der Alltag war genauso von religiösen Ritualen und einem unerschütterlichen Glauben an die Kraft heiliger Bilder geprägt, wie von nüchternem kaufmännischen Kalkül und städtischem Freiheitsdenken.
Stadtansicht
Die mittelalterliche Stadtansicht ist
fast völlig verschwunden. Die prächtigen Renaissancebauten, wie zum Beispiel
der Dom mit seiner beeindruckenden Kuppel, prägen heute das Stadtbild von
Florenz.
Auf der frühsten noch erhaltenen Gesamtansicht von Florenz aus dem Jahr 1352, die sich im Saal des Consiligio del Bigallo, befindet, erkennt man noch deutlich die zahlreichen in die Höhe strebenden mittelalterlichen Wohntürme.
Auf der frühsten noch erhaltenen Gesamtansicht von Florenz aus dem Jahr 1352, die sich im Saal des Consiligio del Bigallo, befindet, erkennt man noch deutlich die zahlreichen in die Höhe strebenden mittelalterlichen Wohntürme.
Aus der Zeit des 13. Jahrhunderts sind
nur wenige markante Gebäude, wie zum Beispiel das Baptisterium, der spitze Turm
der Badia Santo Stefano und gegenüber, das ehemalige Rathaus Bargello sowie die
Kirche San Miniato al Monte oberhalb von Florenz.
Spurensuche
Viele Bauten wurden bereits im Mittelalter bei innerstädtischen Auseinandersetzungen zerstört. Andere fielen städtebaulichen Projekten zum Opfer oder wurden irgendwann wegen Baufälligkeit abgerissen.
Leider wurden im zweiten Weltkrieg bei Bombenangriffen viele bis dahin noch erhaltene Türme zerstört. Die meisten Türme wurden im Laufe der Zeit gekürzt und die unteren Etagen in die modernen Häuser integriert.
Viele Bauten wurden bereits im Mittelalter bei innerstädtischen Auseinandersetzungen zerstört. Andere fielen städtebaulichen Projekten zum Opfer oder wurden irgendwann wegen Baufälligkeit abgerissen.
Leider wurden im zweiten Weltkrieg bei Bombenangriffen viele bis dahin noch erhaltene Türme zerstört. Die meisten Türme wurden im Laufe der Zeit gekürzt und die unteren Etagen in die modernen Häuser integriert.
Erst auf den zweiten Blick, und nur wenn
man ganz genau hinschaut, entdeckt man zahlreiche Reste der einst so gewaltigen
Wohntürme in den heutigen Einkaufsstraßen von Florenz. Besonders nördlich der Piazza della
Signoria kann man noch zahlreiche Turmreste entdecken. Aber es gibt in Florenz
auch noch einige sehr gut erhaltene Wohntürme, wie zum Beispiel den Torre Donati
an der Piazza di San Piero Maggiore.
Fazit:
Florenz war einerseits eine blühende
weltoffene Handelsstadt aber andererseits noch tief in der mittelalterlichen Tradition
verwurzelt. Das Stadtbild wurde im Jahr 1277, zu der Zeit als Giotto di Bondone
seine Malerlehre in Florenz begann, von spitzen gotischen Kirchtürmen und
wehrhaft in den Himmel ragenden eckigen Wohntürmen geprägt. Heute ist davon auf
den ersten Blick wenig erhalten. Begibt
man sich allerdings auf Spurensuche, so entdeckt man noch zahlreiche Gebäude der
Giottozeit.
Anhang
Der ganze Bericht von Rohault de Fleury
(ca. 1400) entnommen aus:
Micheal Braune, „Türme und Turmhäuser“, Köln, 1983 Seite 97ff:
Micheal Braune, „Türme und Turmhäuser“, Köln, 1983 Seite 97ff:
„Zimmerleute tragen Balken herbei, mit
denen sie die Straßen zu gewissen Bezirken mit Barrikaden absperren, die sie
mit Brettern, in denen Scharten eingeschnitten sind, bekleiden. Beim Schein der
Fackeln rückt die Arbeit tumultartig aber rasch vorwärts. Straße um Straße,
Gässchen um Gässchen bis ein Stadtteil als Zitadelle umschlossen ist. Dort
hängt ein Arbeiter an einem Seil 30 Meter über dem Boden und schiebt die ersten
Balken einer Konstruktion in die Mauerlöcher.
Alle Hölzer sind zu diesem Zweck im Voraus
nummeriert. So entsteht ein Balkenwerk, der Bretterboden, die Wände und das
überhängende Dach rings um den Turm, der selbst keine Scharten hat. Um die
Plattform werden Zinnen von Holz errichtet. Dort sind Leute beim Schein einer
Pechpfanne beschäftigt, einen Mangane aufzustellen, indem sie die Schwellen
legen, die Räder in die Zapflöcher stellen, die Schleuderruten nach dem
Kampfplatz richten und vor ihr Steine und Steinböcke aufhäufen, die sie mit einem
Kran heraufgezogen haben.
Die Aufrüstung des Turms wird vollendet,
indem man eine leichte Brücke bis zum nächsten Turm der Lancia zur Cersina
hinübergestreckt hat und auf die zu diesem Zwecke hervorkragenden Konsolen
aufgelegt hat, damit beide Ghibellinentürme vereint den Guelfenturm Figiovanni
bekämpfen können.
Nun ist alles bereit. Die Söldlinge
liegen auf dem Boden und erwarten die Sonne, die über dem Appennin aufgeht. Der
Morgenwind entfaltet die Fahnen mit den Farben und Wappen der Partei.
Die Leute spannen die Leinen ihrer Schleuderruten, welche Steine aus dem Ledersack werfen. Der Kampf wird allgemein, die Steine durchfliegen die Luft wie Sternschnuppen, und dazwischen schlagen sicheren Schusses die Pfeile ein.
Die Leute spannen die Leinen ihrer Schleuderruten, welche Steine aus dem Ledersack werfen. Der Kampf wird allgemein, die Steine durchfliegen die Luft wie Sternschnuppen, und dazwischen schlagen sicheren Schusses die Pfeile ein.
Die Arbeiter an den Manganen, rot
gekleidet mit stählernem Helmen, halten ihre Posten, wenn auch ein Pfeil durch
den Schild dringt, den sie herausziehen, oder die Toten auf dem engen Kampfraum
den Lebenden weichen müssen. Die Steine werden wieder zurückgeworfen. Einer
zerschlägt die Mangane der Lancia, von allen Guelfentürmen erschallt dien
Siegesschrei.
Während das oben auf den Türmen
geschieht, wird unten um die Barrikaden gekämpft. Die Ghibellinen ziehen sich
in ihren Turm zurück, holen die Leiter herauf, schließen die Pforte und
besetzen die Überzimmer. Wie die Guelfen Stroh und Reisig am Fusse des Turms
anhäufen und anzünden wollen, werden sie durch einen Hagel von Pfeilen
zurückgetrieben.
Da schreit einer nach Tischen! Gleich werden diese aus den benachbarten Häusern herangebracht, aneinandergerückt und so eine Galerie gebildet, unter der nun das Brennmaterial auflodert und die Turmpforte in kurzer Zeit zu Asche verbrennt.
Da schreit einer nach Tischen! Gleich werden diese aus den benachbarten Häusern herangebracht, aneinandergerückt und so eine Galerie gebildet, unter der nun das Brennmaterial auflodert und die Turmpforte in kurzer Zeit zu Asche verbrennt.
Die Angreifer dringen ein, aber die
Strickleitern sind aufgezogen und es gibt keine Möglichkeit zu den Ghibellinen
hinauf zu gelangen. – Nun wird eine Leiter gebracht und zu einem Loch in der
Decke aufgerichtet. Die Tapfersten steigen hinauf und müssen von Stockwerk zu Stockwerk
gleichermassen den Sturm fortsetzen. Eine Seitenpforte öffnet sich und die
Verteidiger erscheinen auf der Brücke, die zum nächsten Turm der Cersina führt.
Der Feind dringt ihnen nach – doch da
haben sie die Brückenbalken von den Tragsteinen abgeworfen, und Brücke und
Verfolger stürzen in die Tiefe hinab. Das hindert nicht, dass am anderen Tag
der Kampf fortgesetzt wird.“
Weitere
Literatur:
Braunfels Wolfgang, Mittelalterliche Stadtbaukunst in der Toskana, Gebr. Mann Verlag, Berlin 1988
Braunfels Wolfgang, Mittelalterliche Stadtbaukunst in der Toskana, Gebr. Mann Verlag, Berlin 1988
Beuys Barbara, Florenz Stadtwelt –
Weltstadt, Urbanes Leben von 1200 bis 1500, Rowohlt Verlag, Reinbeck 1992
Tragbar Klaus, Vom Geschlechterturm zum
Stadthaus, Münster 2003
Fanelli G., Firenze: architettura e
città, Florenz 2003